Volunteers & Legends - Die Eisernen - Letzter Akt

IV. Akt „Der furchtbare Preis“


Während in der Dunkelheit Kameraden beider Seiten mit Laternen das Schlachtfeld absuchten und schreienden und stöhnenden Verwundeten Linderung zu verschaffen suchten, berieten sich die Unionsgeneräle mit ihren Divisionskommandeur. General King, noch immer angeschlagen von seinem früher am Tag erlittenen Epilepsieanfall, befahl seiner schwer in Mitleidenschaft gezogener Division um 23:00 Uhr acht Meilen nach Süden auszuweichen, wo sich ein großer Teil von Popes Armee bereits versammelt hatte. Die Black Hats erlitten bei ihrer Feuertaufe erschreckende Verluste, 800 Männer waren tot oder verwundet. Viele verstarben später noch an ihren Verwundungen. Am schwersten hatte es die 2ndWI getroffen, die mit der altehrwürdigen Stonewall Brigade die Klinge gekreuzt hatten. Von 430 Mann waren 297 (69%) tot oder verwundet. Das 19thIN verlor 260 ihrer 423 Hoosiers (61%), das 7thWI 220 von 440 Mann. Das 6thWI am äußersten rechten Ende der Linie hatte die geringsten Verluste mit 72 von 500 Mann zu verzeichnen. Doubledays Regimenter, die in höchster Not gerade rechtzeitig die kritische Lücke füllten, verzeichneten jeweils 160 Tote und Verwundete.

„been to see the elephant“

Noch während General Gibbon sich über den erlittenen Schaden seiner Brigade informierte, ritt Colonel William Robinson, der Kommandeur des 7thWI, zu ihm - offensichtlich durch das Gefühl beseelt, das Gibbon, der „West Pointer“, während der ausgiebigen Drills in den Wochen zuvor, seinen Volunteer Badgers nicht den notwendigen Respekt entgegenbrachte, sah er Gibbon nun scharf in die Augen und fragte ihn „What do you think of the Seventh now?“. Noch bevor Gibbon ihm die Hand reichen und ihm bestätigen konnte, wie gut seine Jungs gekämpft haben, fiel er vom Pferd. Gibbon stieg ab und rief nach einem Chirurg. Als er neben ihm kniete bemerkte er, dass Colonel Robinson in beiden Schenkeln getroffen war, seine Stiefel randvoll mit seinem Blut. Obwohl er offensichtlich sehr große Schmerzen und großen Blutverlust erlitten hatte, führte er seine Männer in der Schlacht und erst nachdem er von General Gibbon den notwendigen Respekt für den Mut und das Kampfgeschick seiner Jungs eingefordert hatte, übermannt ihn die Erschöpfung. Von den vier Regimentskommandeuren in Gibbons Brigade waren drei verwundet und einer tot - Colonel Edgar O'Connor vom 2ndWI).


Auch der Süden zahlte einen horrenden Preis für dieses Gefecht. Zwei Divisonsgeneräle waren verwundet, Brigadier General William Taliaferro (auf englisch „Tolliver“ ausgesprochen) der dreifach getroffen wurde und Major General Richard S. Ewell, dem ein Bein amputiert werden muss. Ein Brigadekommandeur ist verwundet, Colonel Alexander Galt Taliaferro (der Onkel von William Taliaferro). In Colonel Baylors Stonewall Brigade fielen der Kommandeur des 2ndVA, Colonel Lawson Botts, der tödlich verwundet wurde und der Kommandeur des 33rdVA, Colonel John Francis Neff, durch einen Kopfschuss. Vor dem Krieg war Lawson Botts Anwalt und er vertrat John Brown als Verteidiger im berühmten Gerichtsverfahren von 1859. LtCol Saunders Fulton vom 21stNC in Trimbles Brigade wurde tödlich verwundet, während er die Fahne haltend den oben beschriebenen Charge anführte. Er starb am nächsten Tag. Die Stonewall Brigade verlor 340 ihrer 800 Männer, Lawtons Brigade über 300 Mann und Trimbles Brigade 350 Mann. In der relativ kurzen Zeit in der Colonel Taliaferros Brigade an der Schlacht beteiligt war, erlitten die drei Regimenter fast 100 Mann Verlust, darunter der tödlich verwundete 22-jährige Joseph Kauffmann aus dem 10thVA. Seine letzten Einträge in sein Tagebuch schrieb er im Schein der Mündungsblitze der beiden Schlachtlinien „It is now sundown. They are fighting on our right. Oh, to God it would stop.“ Er starb noch in der Nacht an einem Bachlaufes.


Auch General Jackson erlitt einen persönlichen Verlust. Der Chirurg Hunter McGuire beschrieb den Moment „The muscles were twitching convulsively and his eyes were all aglow. He gripped me by the shoulder till it hurt me, and in a savage, threatening manner, asked why I had left the boy. In a few seconds he recovered himself and walked off into the woods alone.“ Der Junge, von dem die Rede war, war William Preston, sein Neffe, der erst drei Wochen zuvor zur Armee seines Onkels gestoßen war. Der sonst so unnahbare Jackson hatte seinen Neffen sehr ins Herz geschlossen und die Nachricht von seinem Tod erschütterte den alten Stonewall zutiefst. Alles in allem war jeder dritte Teilnehmer an dem Gefecht entweder tot oder verwundet. Obwohl nur örtlich begrenzt, war es eine der blutigsten Schlachten des gesamten amerikanischen Bürgerkrieges. Die Angehörigen der Black Hats Brigade konnten wirklich von sich behaupten „they had been to see the elephant“ wie Soldaten im amerikanischen Bürgerkrieg die Erfahrung einer Schlacht beschrieben. Und obwohl sie „immer bereit für ein Gefecht waren“, nach Brawners Farm sollten sie sich nie wieder eine Schlacht „herbei sehnen“.

V. Akt "Overtime"

Alles in allem war das Gefecht bei Brawners Farm aus Sicht General Jacksons keines seiner Glanzstücke. Mit dem Element der Überraschung auf seiner Seite und 14 verfügbaren Brigaden, vermochte er nicht eine einzelne isolierte Division der Union, die zudem während der gesamten Schlacht ohne ihren Kommandeur auskommen musste, zu vernichten. Kommunikationsprobleme, die, das muss der Fairness halber erwähnt werden, durch die Ausfälle von zwei seiner drei Divisonsgeneräle begünstigt wurden, sorgten für unkoordinierte Angriffe. Ebenfalls schaffte er es nicht, genügend Artillerie in Position zu bringen, um zu verhindern, dass Doubleday seine Verstärkungen heranführen konnte. Zu guter Letzt konnte Jackson seine Ziele nicht erreichen, da ihm die fanatisch kämpfende Black Hats Brigade gegenüberstand.


Die ausgiebig gedrillten Männer stellten sich im Gefecht als wahre Krieger heraus, die ihre einmal zugewiesenen Positionen hartnäckig und mutig hielten und verteidigten - “Protect and Defense“! Erst auf Befehl setzten sie sich kämpfend ab. Jackson und seine Männer und schon bald auch Longstreet nahmen Notiz davon, dass ihnen ein neuer und äußerst gefährlicher Gegner in den Reihen der Union gegenüberstand, der sich schon bald den Status legendär zurecht verdienen würde.


Der Rest der eigentlichen Schlacht ist schnell erzählt. Popes Korps rannten den gesamten 29. August 1862 gegen die hervorragenden Stellungen von General Jacksons Truppen frontal an. Trotz tausendfach gezeigten Muts gelang es ihnen nicht, Jacksons Korps zu zerstören. Überzeugt davon, dass Jackson kurz vor dem Ende stand und alle Warnungen in den Wind schlagend, dass Longstreet das Schlachtfeld erreicht hat, erneuerte Pope seinen Frontalangriff auf Jackson am 30. August 1862. Gegen den Widerstand von General Fitz-John Porter wurde auch das V. Korps in die Schlacht geworfen. Jackson, dessen Truppen allmählich die Munition ausging, sodass sie am Ende mit Steinen und Felsen werfen mussten, hielt seine Position. Und als Longstreet in die Offensive ging, hatten die Unionisten, nun ganz ohne Flankenschutz, nichts mehr entgegenzusetzen und wurden vom Feld gewischt. General Pope wurde anschließend im Osten nicht mehr gesehen. Bevor er verschwand, suchte er die Schuld bei seinen Untergebenen und fand in Fitz-John Porter einen Hauptschuldigen, den er wegen Ungehorsams anklagen ließ. Porter wurde für schuldig befunden und unehrenhaft entlassen, was Popes Unbeliebtheit bei den Truppen im Osten nochmals steigerte. Diejenigen Konföderierten, die Porter als exzellenten Offizier kannten, betrachteten diesen Vorfall als „eine der Früchte ihres Sieges“. 25 Jahre nach dem Krieg wurde das Urteil gegen Porter aufgehoben.

„The Iron Brigade“

Am Abend des 30. August 1862, als die Unionstruppen sich teils fluchtartig zurückzogen, war es Gibbons Black Hat's Brigade, die die Nachhut bildet und den Rückzug der Armee deckte. Sie machten ihrem Wappentier alle Ehre und schon ein paar Tage später sollten sie den Namen verliehen bekommen der sie, ähnlich der Stonewall Brigade, unsterblich werden ließ. Mit Beginn der Maryland-Kampagne hatte General McClellan das Kommando über die Army of the Potomac, in der nun die Army of Virgina eingegliedert war. Durch eine glückliche Fügung erhielt er detaillierte Informationen über die Invasion des Nordens durch die Konföderierten und begab sich mit untypischer Geschwindigkeit auf die Verfolgung seines Gegners. Während der Schlacht am South Mountain bei Turners Gap, beobachtete der Oberkommandierende der Armee, General McClellan, Truppen in der Ferne, wie sie über die „National Road“ vorrücken. Er fragt General Hooker, der das I.Korps führte „What troops are those fighting in the pike?“ und Hooker antwortet „General Gibbon's brigade of Western men.“ Worauf wiederum McClellan erwidert „They must be made of iron.“ Und als Hooker darauf verwies, dass die Black Hats ein paar Tage vorher bei Manassas noch brillanter gekämpft hatten, stellt General McClellan fest „that the brigade consisted of the best troops in the world“. Die Armee nahm dies natürlich schnell auf, ebenso wie Zeitungen, die über die Schlacht in den South Mountain berichteten und die Black Hats waren nun als „The Iron Brigade“ bekannt und bei den Feinden gefürchtet. Am Ende der Maryland-Kampagne war die Brigade nur noch 800 Mann stark.


Im November 1862 erhielt General Gibbon den Befehl über eine Division im I. Korps, doch die vier Monate, in denen er das Kommando über die „Westerner“ inne hatte, prägten sowohl ihn als auch die Black Hats nachdrücklich. Im Bewusstsein, perfekt auf kommende schwere Gefechte vorbereitet und in diesen Gefechten ebenfalls auch kompetent und brillant geführt worden zu sein, hatten seine Jungs ihn schlussendlich doch ins Herz geschlossen. Rufus Dawes, ein Offizier des 6thWisconsin, beschrieb es wie folgt „His administration of the command left a lasting impression for good upon the character and the military tone of the brigade, and his splendid personal bravery upon the field of battle was an inspiration to all“.


Als die Iron Brigade am 1. Juli 1863 bei Gettysburg in ihr vielleicht berühmtestes Gefecht zog und möglicherweise nicht nur den Ausgang dieser Schlacht, sondern den des gesamten Krieges beeinflusste, marschierten die Black Hats zu den Klängen von „The Campbells are Coming“ direkt in den Kampf - dies ist historisch verbürgt. Mir gefällt der Gedanke, dass die Männer der Brigade dieses Lied in Erinnerung und zu Ehren an ihren ehemaligen Kommandeur wählten, sind doch die Gibbons eine der Sippen, die zum schottischen Clan der Campbells gehören. Es gibt hierfür natürlich keinen historischen Beleg und entspricht einzig meiner Fantasie. Es wäre dennoch eine schöne Geschichte, sollte es so gewesen sein. Der Kommandeur der Battery B 4thU.S. Artillery, der bei dem Gefecht bei Brawners Farm zur Black Hats Brigade gehörte, war übrigens ebenfalls ein Campbell namens Captain Joseph B. Campbell.


Nachwort


Mein letzter Artikel handelte um den tödlichen Kampf des 26thNC gegen das 24thMI (zu dem Zeitpunkt ein Teil der Iron Brigade) am 01. Juli 1863 bei Gettysburg. Im Nachklang wurde ich von einigen von euch auf das Thema Iron Brigade angesprochen und ich hoffe das mit diesem Artikel einige Fragen beantwortet werden konnten. Es gab tatsächlich mehrere Verbände, die den Namen Iron Brigade trugen. Eine davon, die auch als „Iron Brigade of the East“, oder auch als „First Iron Brigade“ bekannt war, ist eine Schwesterbrigade der Black Hats. Es ist Hatchs Brigade, bestehend aus 22ndNY, 24thNY, 30thNY, 84thNY (auch als 14th Brooklyn bekannt) und den 2ndU.S. Sharpshooters. Deshalb werden Gibbons Black Hats auch als „Iron Brigade of the West“ bezeichnet. Der Focus der Presse richtete sich allerdings auf die Black Hats als Iron Brigade. Neue Untersuchungen haben ergeben, dass es noch mehr Iron Brigades gab. 3rdBrigade, 1stDivision, III. Korps (17thME, 3rdMI, 5thMI, 1stNY, 37thNY und 101stNY); Reno's Brigade 21stMA, 35thMA, 51stPA und 51stNY) und die Horn Brigade auch als „Iron Brigade of the Army of the Cumberland“ bekannt, doch dies ist eine andere (interessante) Geschichte. Auch auf Seiten der Rebellen gab es eine Iron Brigade, die als „Shelbys Iron Brigade“ in die Geschichte einging.


Sgt. Andrew Walsh

52nd New York Volunteer Infantry Regiment

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